„Ich wollte immer deutscher Feuerwehrmann werden“ (AT)
 
Autoren: Britta Buchholz und Matthias Zuber
Redakteur: Oliver Pieper
Länge: ca. 3’
Sendung: Montag 10.04.2006
Fassung: 08.04.2006

Beitrag:

Alarmglocke – 01
(steht am Anfang frei für zwei – drei Sekunden und liegt auch unter dem darauf folgenden Sprecherton und wird dort gegen Ende ausgeblendet)

Sprecherin: Junge Männer stürzen aus den sechs kleinen Schlafzimmern im ersten Stock des grauen Betongebäudes im Norden Santiago de Chiles. Sie rutschen an der Feuerwehrstange hinunter in die Fahrzeughalle, streifen sich ihre Uniform mit dem Bundesadler über, packen ihre Ausrüstung und springen in eines der Feuerwehrautos. Im Schnitt dreimal täglich schrillen hier bei der Deutschen Feuerwehr die Alarmglocken. Christian Losada hat gerade Dienstbeginn, als seine Kameraden ausrücken. Die Deutsche Feuerwehr ist sein Leben:

Christian Losada (the feuerwehr is ... (2)):
„Ich lebe hier, ich wohne hier, ich habe alle meine Sachen hier, ist wie mein Haus.“ (00:07)

Er trägt eine blaue Uniform. „Gott mit uns“ steht in Deutsch mit weißen Buchstaben auf seiner Brust. Christian wollte schon als Kind unbedingt in die Deutsche Feuerwehr.

Christian Losada (Mama deutsch ... -2 ): „Weil meine Mutter, mein Opa und ich, alle sind Deutsche, aber ich bin hier in Chile geboren, aber ich habe auch die deutsche Staatsangehörigkeit, deshalb in der deutschen Feuerwehrkompanie. Ist auch das beste Kompanie.“ (00:16)

In Chile wurden viele Feuerwehren von Einwanderern gegründet. Meist waren es wohlhabende Geschäftsleute, die ihre Firmengebäude und Lager schützen wollten. Da die Handelshäuser oft in unzugänglichen Gebieten lagen oder in Städten, die sich gerade im Aufbau befanden, gab es dort keine Feuerwehren. Kurzerhand bildeten die Händler mit ihren Angestellten eigene, freiwillige Feuerwehren. Die Struktur und Organisation orientierte sich deshalb oft an denen der Feuerwehren in ihren Heimatländern. So gibt es in Chile inzwischen unter anderem Englische, Französische und Italienische Feuerwehren. Eine Tradition, die sich vom 19. ins 21. Jahrhundert fortsetzte. Die 15. Feuerwehrkompanie von Santiago – die Deutsche – gilt als eine der Besten. Sie ist besonders zuverlässig und schnell. Dietrich Angerstein ist einer der Gründungsväter der Deutschen Feuerwehr in Santiago. Gelegentlich besucht der Pensionär die ehemaligen Kollegen. So wie heute. Er erinnert sich an die Anfänge, als er vor fast 50 Jahren einen Freund auf der Straße nicht weit von hier getroffen hat:

„Angerstein – Atmo“ (liegt unter den beiden Angerstein-O-Tönen und dem Sprecher dazwischen)

Dietrich Angerstein (wie ich dazu kam - 03): „Da sagte er zu mir, komm mal her, wir gründen eine Feuerwehr und du bist mit dabei. Da habe ich gesagt, das wusste ich noch gar nicht, da hat er gesagt, aber jetzt weißt du es. Und auf diese Weise bin ich hier reingekommen [...] und zum Schluss war ich dann hier auch Direktor, siebeneinhalb Jahre.“ (00:15)

Dietrich Angerstein zeigt alte Fotos und Dokumente. Die Schriftstücke sind alle in deutscher Sprache verfasst. Früher gab der Offizier während der Einsätze die Kommandos auf Deutsch. Das ist inzwischen Vergangenheit.

Dietrich Angerstein (Die dritte Generation): „Die meisten waren in Chile geboren, aber wir sind mit zwei Sprachen aufgewachsen, die nach uns gekommen sind, die sind spanisch aufgewachsen, und für die ist Deutsch eine Fremdsprache, heute kommt es selten, dass die Deutsch sprechen- heute sprechen sie Spanisch untereinander. Die Einflüsse von draußen sind doch viel größer als damals.“ (00:22)

Und dennoch gibt es einige, die gerade das „Deutsche“ an der 15. Feuerwehrkompanie von Santiago reizt. Wie Christian Losada:

Christian Losada (nach Santiago wegen deutscher Feuerwehr):
„In meiner Stadt, wo ich geboren bin, gab es keine deutsche Feuerwehrkompanie, deshalb studiere ich hier in Santiago, und ich kam zu die deutsche Feuerwehr.“ (11’’)

Christian Losada3 (Schluss machen!!!):
„Wir können nicht weitermachen.“ (00:03)

Christian Losada rennt los. Er reißt Jacke, Ausrüstung, den Helm mit dem Bundesadler vom Harken und springt in den Feuerwehrwagen. Feuerwehralltag – und dennoch sind die Feuerwehrmänner immer noch ein wenig aufgeregt. Denn sie wissen nicht, was sie erwartet.

„Ich wollte immer deutscher Feuerwehrmann werden“ (AT)

Autoren: Britta Buchholz und Matthias Zuber
Redakteur: Oliver Pieper
Länge: ca. 2’30’’
Sendung: Dienstag 11.04.2006
Fassung: 06.04.2006


Atmo 04
Feuerwehrsirene
liegt unter Sprecher und O-Ton 07

Ein Feuerwehrwagen prescht aus der Ausfahrt der Deutschen Feuerwehr in Santiago de Chile. Im Wagen ziehen sich hektisch sechs junge Männer ihre Feuerwehrjacken und Hosen an. Einer von ihnen ist der deutschstämmige Christian Losada. Für ihn ist das Alltag.

O-Ton 07
Christian Losada (meisten Einsätze -02):
„Wir haben ungefähr drei Einsätze pro Tag, am meisten sind Autounfälle, und wir sind das Feuerwehr, das mehr Einsätze in Chile hat, drei pro Tag.“ (00:15)

Atmo 05
Atmo im Feuerwehrwagen und Sirene
liegt unter Sprecher und O-Ton 08

Der Fahrer hat über Funk gehört, dass es sich bei dem Einsatz um einen Autounfall handelt. Ein Kind soll schwer verletzt sein.

O-Ton 08
Christian Losada
„Wir sind sehr nervös, weil wir wussten nicht, was wir äh haben werden und wir wissen, ob wir zurückkommen werden, das ist unsere Angst.“ (00:14)

Atmo 06
Straßengeräusche
liegt unter Sprecher

Eine Berufsfeuerwehr gibt es in Chile nicht. Die Männer der 15. Kompanie sind Freiwillige. Nur die Fahrer sind festangestellt. So auch Ruben Marambio. Er steuert den Feuerwehrwagen durch Santiagos Innenstadt. Er fährt schnell. Es kommt auf jede Sekunde an.

O-Ton 09
Ruben Marambio (wenn er zum Unfall fährt):
“Cuando voy a un accidente, uno va un poco exitado, ya, la adrenalina sube un poco, pero uno debe tener la capacidad de mantener un control, sobre si, para poder conducir, y no provocar un accidente mas en el camino.” (00:17)

Voiceover: “Wenn ich zu einen Unfall fahre, bin ich immer ein bisschen aufgeregt. Mein Adrenalinspiegel steigt. Aber gerade dann muss man ruhig bleiben und die Kontrolle behalten, damit man nicht selbst einen Unfall baut.“

Atmo 06
Straßengeräusche
liegt unter Sprecher

Ruben Marambio steuert den schweren Wagen sicher durch Santiagos chaotisches Verkehrsgewirr. Äußerlich wirkt er ruhig und gelassen, dabei ist er angespannt.

O-Ton 10
Ruben Marambio
“A mí me pasa mucho, me da un susto a veces, cuando me hijo sale, y yo voy a un llamado, pienso, que voy a encontralo a el, ojala nunca me sucera, yo lo aconsejo, que el se cuide en la calle.“ (00:07)
Voiceover: “Wenn mein Sohn untgerwegs ist und wir einen Einsatz haben, passiert es mir oft, dass ich Angst habe, er könnte unter den Opfern sein. Hoffentlich passiert mir das niemals. Ich sag immer zu ihm:„Fahr vorsichtig.”

Hinter Ruben Marambio haben sich die Feuerwehrmänner inzwischen fertig gemacht. Ihre eierschalenfarbenen Feuerwehrhelme mit dem Bundesadler sitzen fest auf ihren Köpfen. Einer der Männer hat einen erste Hilfe Koffer auf den Beinen. Trotz der enormen psychischen Belastung, die der unbezahlte Job mit sich bringt, lieben die Männer ihre Arbeit. Christian Losada schaut konzentriert aus dem Fenster.

Christian Losada (Traum Leute helfen … )
“Es war mein Traum, weil ich kann Leute helfen. Und freiwillig, weil wir bekommen kein Geld für das, was hier machen in Chile, das, weil ich kann Leute helfen” (00:12)

Straßengeräusche Unfallort
liegt unter Sprecher

Der Wagen biegt in eine Straße mit kleinen Villen. Eine Absperrung. Ein Polizist winkt das Rettungsfahrzeug der Deutschen Feuerwehr durch. Ein Motorrad mit verbogener Gabel und zersplitterten Licht steht am Straßenrand. Der Mann mit dem Erste Hilfe Koffer springt aus dem Wagen. Seine Kameraden folgen. Für den Motorradfahrer kommt jede Hilfe zu spät. Die Feuerwehrmänner kümmern sich um die Frau und ihren kleinen Sohn, die von dem Motorrad angefahren wurden. Christian Losada hilft seinem Kameraden, das Kind vorsichtig auf eine Trage zu legen - wieder einer dieser Tage, die nicht spurlos an ihm vorbeigehen.

„Ich wollte immer deutscher Feuerwehrmann werden“ (AT)

Autoren: Britta Buchholz und Matthias Zuber
Redakteur: Oliver Pieper
Länge: ca. 2’30
Sendung: Mittwoch 12.04.2006
Fassung: 06.04.2006

Christian Losada kniet neben einem verletzten Jungen. Seine Kameraden von der 15. Feuerwehrkompanie von Santiago de Chile – der Deutschen Feuerwehr – tragen die Mutter des Kindes in den Krankenwagen. Die Unfallstelle in dem kleinen Villenviertel im Norden Santiagos ist fast geräumt. Obwohl Christian Losada bereits über 1.000 Einsätze hinter sich hat – wird der Job nie Routine. Denn:

Christian Losada2 (nix Feuer, aber Rettung)
„Wir, wir sind eine Rettungskompanie, es gibt nicht so viele hier in Santiago, das macht die Differenz, weil wir mit Leute arbeiten, nicht so viel Feuer“ (00:13)

Unfälle wie dieser sind für Christian Losada und seine Kameraden belastend. Jeder der Männer der Deutschen Feuerwehr in Santiago erinnert sich an Einsätze, die sich tief ins Gedächtnis eingebrannt haben. Für den 23jährigen Studenten Christian Losada war vor allem ein Einsatz im letzten Jahr besonders schlimm:

Christian Losada2 (Traumatische Beschreibung -02)
“Es war ein Autounfall, und es gab ein Kind, er war 18 Jahre alt, er war tot, aber sein Kopf war kaputt, sein Körper war ganz kaputt. Es war sehr schlecht für mich.“ (00:18)

Aber wie gehen die Deutschen Feuerwehrmänner von Santiago mit diesen Belastungen um?

Christian Losada (Reden über Trauma -02)
“Wir sprechen immer nach den Einsätze, hier, wer etwas sagen muss, der sagt es, das ist unsere Arbeit.“ (00:13)

Christian Losada spricht nicht gerne über die Traumata, die seine Arbeit mit sich bringt. Lieber schwärmt er von der Kameradschaft und den Einsätzen, bei denen seine Kompanie Menschen retten konnte. Ängste, Zweifel und Nächte, in denen die Bilder von zerquetschten menschlichen Körpern den Schlaf verdrängen, passen nicht zu dem Selbstbild, das er sich von einem Bombero Aleman – einem Deutschen Feuerwehrmann - macht. Auf der Rückfahrt vom Unfallort ist die Stimmung gedrückt. Die Männer legen ihre Ausrüstung ab und ziehen die schwere Uniform aus. Sie diskutieren über den Unfall. Mit Scherzen versuchen sie sich abzulenken.

Die Feuerwehrmänner erklären, dass die meisten Unfälle in Chile passieren, weil Vorfahrtsregeln nicht beachtet werden - wie heute bei dem Einsatz, wo ein Motorradfahrer die Frau und ihren Sohn angefahren hat. Das läge wohl am südamerikanischen Temperament, meinen sie. Ein weiteres großes Problem seien betrunkene Autofahrer, die abends mit überhöhter Geschwindigkeit durch die Stadt rasen. Inzwischen ist der Wagen wieder vor der Deutschen Feuerwache, die für Christian Losada und die anderen zum Zuhause geworden ist:

O-Ton 15
Christian Losada (besten Freunde hier -02)
“Ja, hier habe ich viele Freunde, ich hier muss nach der Arbeit hier kommen, ich muss hier schlafen auch, es hat einen sehr großes Raum in mein Leben, meine besten Freunde sind hier.“ (00:13)

Eine Freundin hat Christian Losada keine. Die Feuerwehr sei seine Familie, sagt der 23-Jährige. Und Zeit für eine Beziehung bliebe neben Studium und Deutscher Feuerwehr eh nicht. Christian Losada verabschiedet sich, er muss noch lernen. Denn Morgen schreibt er eine wichtige Feuerwehr-Prüfung. Nur wenn er die besteht, darf er im neuen Feuerwehrwagen zum Einsatz fahren. Christian will unbedingt bestehen.

„Ich wollte immer deutscher Feuerwehrmann werden“ (AT)

Autoren: Britta Buchholz und Matthias Zuber
Redakteur: Oliver Pieper
Länge: ca. 2’30
Sendung: Donnerstag 13.04.2006
Fassung: 06.04.2006


Während die Männer der 15. Kompanie der Deutschen Feuerwehr in Santiago de Chile ausrücken, schwitzen ihre Kameraden in der Wache. Sie müssen wieder einmal ihr theoretisches Wissen unter Beweis stellen. Es ist der Abschlusstest zu einem kürzlich zu Ende gegangenen Lehrgang. Einer der Prüflinge ist Christian Losada. Der 23-Jährige ist groß, hat dunkle Haare und helle Augen. Erst gestern hatte er einen schlimmen Einsatz. Eine Frau und ihr Sohn wurden von einem Motorradfahrer angefahren. Kurz vor dem Test hat er noch erfahren, dass beide außer Lebensgefahr sind. Nach etwa zwei Stunden gibt er den ausgefüllten Fragebogen beim Offizier ab.

Christian Losada (Test -01)
„Es war sehr schwer, ich habe nicht so viel gelernt, aber es war sehr schwer“ (00:06)

Dabei hatte sich Christian auf viele Fragen vorbereitet.
Christian Losada (Test - 02)
„Es war ein Test über unsere neues Wagen, alle technischen Sachen, und alles was das Wagen hat, die Ausrüstung, alles“ (00:11)

Es geht um viel: In dem mehrwöchigen Lehrgang haben einige Offiziere der Deutschen Feuerwehr ihren Kameraden alle technischen Besonderheiten und das neue Equipment vorgeführt. Nur wer alles beherrscht darf mit dem neuen Wagen – dem Schmuckstück der 15. Kompanie - raus zum Einsatz.

Christian Losada (Test bestanden?)
„Ich glaube, ich habe es bestanden, ich hoffe, aber ich glaube ja!“ (00:05)

Der neue Wagen, mit der Typenbezeichnung X-15 RTP hat 250.000 Euro gekostet. Viel Geld für eine freiwillige Feuerwehrkompanie, die sich vor allem aus Spendengeldern finanziert. Das Geld kommt meistens von deutschen Einwanderern oder deren Nachkommen. Einige von ihnen haben hier selbst aktiv Dienst getan oder tun es noch – freiwillig und ohne Bezahlung. Christian Losada, dessen Mutter und Großvater aus Deutschland stammen, steht inzwischen in der Halle vor dem X-15 RTP.

Christian Losada2 (Auto hier aus Deutschland -02)
„Dieses Wagen hier ist ganz neu, es kommt direkt aus Deutschland“ (00:06)

Wie vieles hier in der 15. Kompanie im Norden Santiagos. Die Ausrüstung stammt fast komplett aus Deutschland. Die Schilder in der Wache sind auf Deutsch. Die Aufschrift auf den Feuerwehrautos ist Deutsch. Doch nicht nur das Materielle kommt aus „Alemania“:

Christian Losada (Deutsche Feuerwehrkompanie ist die beste !! - 02)
„Wir haben ein bisschen von der Deutschen Feuerwehr gekriegt auch, und unsere Disziplin ist auch sehr streng, wir arbeiten sehr gut mit Gruppen, alles sehr organisiert hier bei uns, in der Deutschen Feuerwehrkompanie hier.“ (00:17)

Zwar sind inzwischen die wenigsten Freiwilligen hier aus Deutschland oder haben deutsche Vorfahren, aber dass es hier besonders „deutsch“ zu geht, das heißt „sehr diszipliniert“, das finden auch die chilenischen Kameraden. Wie Ruben Marambio, einer der Fahrer und ausgebildeter Rettungssanitäter:

Ruben Marambio (Ruben sagt das Arbeit deutsch - 01)
„Lo especial es que se trabaja con mas orden, que cada persona tiene determinada su funcion y yo me dico solamente atender las funciones del paciente, se hace mas despejado el trabajo y mas rapido.” (00:13)

Voiceover: “Das Besondere hier ist, dass man geordneter arbeitet. Jeder hat eine bestimmte Aufgabe und nur das mache ich. Ich kümmere mich beispielsweise nur um Unfallopfer. So ist die Arbeit klarer und schneller.“

Die „deutsche“ Disziplin – und vielleicht auch die gute Ausrüstung – tragen den Bomberos Alemanes nicht nur Respekt ein, sondern manchmal auch Hänseleien. So werden sie schon einmal als „los ordenatos“ – die Ordentlichen – bezeichnet oder man macht Witze über ihre militärisch-preussische Struktur. Doch das macht den Männern der 15. Kompanie kaum etwas aus, denn sie wissen, sie gehören zu den besten ihrer Zunft.

Christian Losada sitzt inzwischen im Keller der Feuerwache. Es sieht hier aus wie in einem deutschen Partykeller. An den Wänden hängen Fotos von Einsätzen, Souvenirs von Feuerwehrkompanien aus Deutschland, jeder hat einen eigenen Bierkrug mit seinem Namen. „Feuerwache“ nennen die Männer die Bar. Christian Losada hat wieder Bereitschaft. Schlafen kann er eh kaum, da er viel zu aufgeregt ist, ob er den Test bestanden hat. Denn vielleicht kann er morgen bereits mit dem neuen Wagen ausrücken


„Ich wollte immer deutscher Feuerwehrmann werden“ (AT)

Autoren: Britta Buchholz und Matthias Zuber
Redakteur: Oliver Pieper
Länge: ca. 2’30
Sendung: Freitag 14.04.2006
Fassung: 06.04.2006


Feuerwehrsirene

Der junge Feuerwehrmann Christian Losada ist aufgeregt. Er tritt in der großen Halle der Deutschen Feuerwehr von Santiago de Chile von einem Bein aufs andere. Der deutschstämmige Feuerwehrmann bekommt gleich das Ergebnis seiner gestrigen Prüfung. Nur wenn er diese bestanden hat, kann er mit dem neuen Feuerwehrwagen der Einheit fahren. Einer der Offiziere tritt auf ihn zu, klopft ihn freundschaftlich auf die Schulter. Das Ergebnis:

Christian Losada (Test bestanden!)
„Ich hab es bestanden!“ (00.01)

Christian ist froh. Seine blauen Augen leuchten, wenn Christian von der Feuerwehr erzählt. Doch was ist neben dem Wunsch, anderen zu helfen, der Grund seine gesamte Freizeit der Deutschen Feuerwehr zu opfern?

Christian Losada2 (Deutsche FW toll, weil deutsches Auto)
„Weil wir haben die beste Ausrüstung, und die beste Autos auch, zum Beispiel unseres neues Auto kam direkt aus Deutschland, es hat ungefähr 250.000 Euro gekostet, das ist sehr viel für uns.“ (00:16)

Denn die Feuerwehr wird fast ausschließlich über Spenden finanziert. Einer der Geldgeber und Gründungsväter ist Dietrich Angerstein. Der alte Herr muss erst ein wenig nachdenken über die Frage, was denn an der Deutschen Feuerwehr das Deutsche sei.

Dietrich Angerstein (Ware Disziplin - 03)
„Naja, der Name, die Aufschrift auf den Fahrzeugen, es ist doch ein gewisser Grundsatz an innerer Disziplin, das ist bei vielen anderen Feuerwachen nicht so, es ist so das im Einsatz nicht diskutiert wird.“ (00:17)

Das eigentlich „Deutsche“ an der Deutschen Feuerwehr aber ist, dass sie von Deutschen gegründet wurde. Und dass die Gründer eben Wissen und Ausrüstung aus der alten Heimat importierten. Die Deutsche Feuerwehr in Santiago de Chile entstand aus ganz pragmatischen Gründen.

Dietrich Angerstein (aus Stadtzentrum Feuerwehr - 01)
„Die Leute, die die Feuerwehr gegründet haben 1958, die wohnten ja alle hier oben, und hier oben gab es keine Feuerwache, wenn es hier oben brannte, dann musste die Feuerwehr von unten, also vom Stadtzentrum herauskommen, aber das dauerte sehr lange, bis die da waren, das dauerte 20 Minuten bis die hier da waren.“ (00:17)

Da lag die Idee nahe einfach eine eigene Feuerwehr zu gründen. Doch selbst in dem wohlhabenden Viertel Las Condes, in dem viele deutsche Geschäftsleute lebten, dauerte es einige Zeit Spender zu finden und kostete eine Menge Geduld.

Dietrich Angerstein (Geld zusammengelegt - 03)
„Da haben dann die Leute von der deutschen Kolonie auch Geld zusammengelegt. (00:01)

Dietrich Angerstein tritt vor die Feuerwache. Gegenüber steht ein Hochhauskomplex. Die Straße ist sechsspurig. So weit man blickt kleine Geschäfte und Wolkenkratzer.

Dietrich Angerstein (Kühe liefen hier rum - 03)
„Und das hier draußen war ja damals noch nichts, diese Hochhäuser, alles was sie hier sehen, ist erst in den letzten 20 Jahren entstanden, hier liefen noch Kühe herum, vor 20 Jahren.“ (00:12)

Inzwischen ist die 15. Kompanie eine der wichtigsten in ganz Santiago. So besitzt die Deutsche Feuerwehr hier genauso viel Ausrüstung wie die übrigen 21 Feuerwehrkompanien zusammen. Außerdem verfügt sie über die höchste Drehleiter der Stadt. Und: sie ist eine der wenigen Kompanien, deren Männer auch erste Hilfe leisten können. Es ist wohl mehr diese materielle und professionelle Ausstattung, warum die Deutsche Feuerwehr besonders oft zu Einsätzen gerufen wird und so beliebt ist – weniger, dass da ein „Deutsche“ im Namen prangt. Christian Losada jedenfalls ist stolz dabei zu sein. Aber warum? Die Frage zu beantworten fällt ihm schwer.

Christian Losada (Freunde, Gefühl, nix Antwort -02)
„Das kann ich nicht antworten, weil ist wie ein Gefühl, Freunde, weiß ich nicht, ist ganz besonders“ (00:12)

Christian Losada wird noch zwei Jahre studieren. So lange wird er auf alle Fälle der Deutschen Feuerwehr von Santiago treu bleiben. Ein Leben ohne sie kann er sich im Moment nicht vorstellen. Und dennoch: Irgendwann einmal wird er zu alt sein für den Job, muss er Platz für jüngere machen. Vielleicht eine Familie gründen. Doch darüber möchte er im Moment nicht nachdenken.

Christian Losada holt seine Ausrüstung. Es wird die erste Fahrt für ihn mit X-15 RTP. Der Wagen rollt aus der Halle und verschwindet im Feierabendverkehr von Santiago de Chile.