DeutschlandRadio, Neonlicht
Lomographie
 
Drum&Base, dazu wildes Lomoklicken - Ausblendung

Straßengeräusche, eine Tür geht auf, Ladenklingel, Tür zu

Joachim Trapp: Herzlich willkommen in der Lomographischen Botschaft!

Schrittgeräusche im Raum

Sprecher/in: Eine Botschaft stellt man sich normalerweise anders vor. Marmor und Gold oder zumindest Beton von einem Stararchitekten in Form gebracht. Nichts von all dem hier. In dem kleinen Laden in der Husemannstraße 15 im Prenzlauer Berg geht man auf schlichten Holzdielen. Gleich beim Eingang ein transparenter Plastikvorhang, in dem bunte Fotos vom Tokyoter Nachtleben eingeschweißt sind. Auch der Botschafter selbst sieht mit seiner Jeans und dem offenen Hemd nicht gerade so aus, wie man das von einem Botschafter erwartet. Doch dafür lächelt Joachim Trapp sehr freundlich und weiß eloquent über sein Amt zu referrieren.

Joachim Trapp: Mein Aufgabenfeld ist sehr vielfältig: es kommen Lomographen, die mir ihre Bilder zeigen wollen. Es kommen Lomographen, denen eine Schraube aus der Lomo gefallen ist, die dreh ich dann wieder rein. Es kommen Leute, die Lomographie noch nicht kennen. Die führ ich dann ein in diese schöne bunte Welt.

Sprecher/in: Diese schöne bunte Welt ist Kult. Das spontane Foto- pardon Lomographieren mit der kleinen schwarzen Ur-Lomo wurde zu einer neuen Form der Kommunikation. Zeig mir deine Lomographien und ich sage dir, wer du bist. Inzwischen umfassst das Sortiment der Lomographen nicht nur den kleinen schwarzen Apparat, sondern auch einen vierlinsigen, bunten Plastikkasten, mit dem man auf ein Foto vier Aufnahmen bekommt. In kurzen Zeitabständen brennt jede Linse des Action-Samplers ein Stück Leben in den Negativfilm.

Actionsamplerklicken

Treppensteig- und Strohraschelgeräusche

Sprecher/in: Der Botschafter führt in den Keller – pardon – in den mit frischem Stroh ausgelegten Ballsaal. Immerhin 30 Quadratmeter. Von der Decke hängt eine Discokugel, die bunte Lichter über die Wände gleiten läßt und der Lomographische Botschafter zeigt stolz 2400 Diskokugel-Lomographien:

Joachim Trapp: ... die entstanden sind beim Lomo-Clubmarathon. Den haben wir veranstaltet an unserem Eröffnungsabend der Botschaft. Man konnte sich eine Lomo leihen, hatte dann freien Eintritt in vier Clubs seiner Wahl. Die Leute haben die ganze Nacht. Die schönsten Ergebnisse seht ihr hier.

Drum&Base und Lomo-Klicken

Sprecher/in: Die bunten Bildreihen zeigen ausgelassene junge Menschen. Eine Hand auf einem Kopierer, Tanzende, deren Konturen verwischen, Licht, Momente des Glücks, Engel die über Clubböden schweben, ein Kondom, das aussieht wie ein abstraktes Gemälde, schrille Farben. Leben. Damals dabei waren auch Pati Keilwerth und Alexandra Kinne, inzwischen begeisterte Lomographinnen. Die beiden sitzen oben im Konferenzraum der Lomographischen Botschaft und Pati schwärmt gerade:

Pati Keilwerth: Mit der Lomo kann man super Stimmungen einfangen und kann sie immer mitnehmen auch abends in die Clubs und kann Knallbuntes gut aufnehmen und fixieren und alle möglichen Eindrücke, die man gerne für sich behalten will. Und da ist die Lomo einfach eine gute Partnerin dafür.

Alexandra Kinne: Ich bin Französin, wohne aber seit fünf Jahren in Deutschland und in Frankreich hatte ich noch nichts von Lomo gehört, aber ich weiß inzwischen, dass die Lomographen sehr aktiv sind, in Paris und in Nantes. Bei Lomographie denke ich, dass man mehr Freiheit hat, dass man alles spontaner machen kann und vor allem kann dir keiner erklären, ob dein Bild schön ist oder schlecht ist, weil alles schön ist, alles wertvoll ist.

Sprecher/in: Der Botschafter ist bei einem neuen Raum angekommen.

Klospülung

Joachim Trapp: Hier seht ihr weitere 3000 Lomgraphien, die beim Finale der Lomolympics in Tokio entstanden sind, letztes Jahr.

Sprecher/in: In der kleinen Toilette hängen bunte Lomographien aus Japan. Schrille Mädchen, die in Shinjuku, dem Tokyoter Vergnügungsviertel, unterwegs sind. Momentaufnahmen vom Tokyoter Fischmarkt, Hunde, Füße, Augen. Eine Bilderflut. Doch Joachim Trapp wäre kein guter Botschafter, wenn er nicht auch die Interessen seines Arbeitgebers vertreten würden.

Joachim Trapp: Das ist der Supersampler, das ist unsere neueste Kamera. Es ist die Königin der Vierlinsenkameras. Die Linsen sind nicht wie beim Action-Sampler quadratisch angeordnet sondern vertikal, also übereinander, und genau so kommen dann die Ergebnisse auch raus, also ideal für Sprünge aber auch schön für Architektur. Man kann zwei Geschwindigkeiten einstellen, einmal zwei Sekunden, das wäre dann so eine lange Bewegung (Sound). Und dann zieht man hier an der Strippe (Sound), dann ist der Film transportiert und man kann wieder auslösen. Und dann für sehr, sehr schnelle Action hat man auch noch die Möglichkeit, 0,2 Sekunden Belichtung zu machen (Sound), was dann ja rasant klingt und auch rasant ist.

Sprecher/in: Die Hauptaufgabe der über 60 Botschaften in 35 Ländern ist es jedoch nicht, die Lomoprodukte an den Mann und die Frau zu bringen, sondern den lokalen Lomo-Communities eine Anlaufstelle zu sein. Mit Aktionen und Events locken die verschiedenen Botschaften auch Lomographen aus anderen Teilen der Erde an und sorgen so für das Internationale im Lomofeeling. Finaziert werden die Botschaften

Joachim Trapp: Das nächste große Ereignis, das sind die Lomografic-Sampling-Games hier in Berlin, die Vorausscheidungen der Olympischen Spiele für Lomographen. Wer in Berlin eine Goldmedaille gewinnt, der wird dann zum großen Finale eingeladen. Letztes Jahr war das Finale in Tokio, dieses Jahr ist es noch geheim. Aber es wird auf jeden Fall, egal wo es ist, eine Supersache, weil 50 Lomographen aus der ganzen Welt kommen. Wenn man, wie letztes Jahr beim Finale in Tokio die Sprache des anderen überhaupt nicht versteht, man zeigt einfach seine Lomographien und merkt, dass man mit Leuten aus einem ganz anderen Kulturkreis super viel gemeinsam haben kann, weil alle den gleichen Blick haben, eben diesen lomographischen Blick.

Sprecher/in: Doch was ist das, der lomographische Blick, von dem jetzt soviel die Rede war, Herr Botschafter?

Joachim Trapp: Der lomographische Blick? Ja, das ist eine ganz eigenartige Sache, weil eigentlich schaut man ja nicht durch den Sucher. Aber man beginnt, die Welt mit anderen Augen zu sehen. Man sucht Buntes, man sucht Skurriles, man achtet aber auch viel mehr auf schöne Details des Alltags, die irgendwie eine Stimmung einfangen.

Klicken von Lomos und Musik